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Zur Geschichte der hohen Landstraße in Sachsen
von Johannes Falke
In: Archiv für die Sächsische Geschichte, Bd. 7, Verlag Bernhard Tauchnitz, Leipzig, 1867, Seiten 113 - 143.
Die Literaturhinweise wurden in den Text eingefügt.
Die erste Entwicklung der Kultur eines Landes ist bedingt durch die großen Handelsstraßen, welche es durchschneiden. Mehr noch als die schiffbaren Flüsse trugen in der ältesten Zeit die Landstraßen, wenn sie dem großen Verkehr dienten, dazu bei, um Haltpunkte in Flecken und Städte umzuwandeln, an dieselben eine gewisse stetige Menge von Nährmittel zu knüpfen und dadurch auch einer größeren Gemeinde die Grundlage zu einer genügenden Existenz zu schaffen. Der Zustand der alten Landstraßen erlaubte weder große Tagereisen noch große Frachtwägen, verlangte dagegen viele Pferde und Menschen zur Fortschaffung verhältnismäßig kleiner Lasten, ein zu gegenseitigem Schutz und Trutz zusammengeschlossenes Karawanenleben der Fuhrleute, nahe aneinander gerückte, zur sicheren Nachtruhe eingerichtete Stationen, daß die Wagenzüge vom Sonnenaufgang bis zum Untergange von der einen zur andern kommen und hier für Menschen und Pferde Obdach und Nahrung, für die Transportmittel jeder Zeit Gelegenheit zur Ausbesserung finden konnten. Hatte sich dann eine solche Station selbständig genug herausgebildet, so machte sie das Bedürfniß und die Gewohnheit zum Gesetz, ließ sich durch landesherrliche und kaiserliche Privilegien die durch die Landstraße ihr zugeführten Nährmittel als ein unantastbares Recht zusprechen, verwandelte das Recht der gastlichen Einkehr, der Waarenniederlage, der Ausbesserung und des Wechsels von Schiff und Geschirr, des Vorspanns und anderes in einem Zwang. Wer eine Neuerung dagegen versuchte, eine andere Straße fuhr, eine andere Niederlage aufsuchte, gerieth nicht allein wegen des Geleites und Zolles mit der Landesherrschaft, sondern auch wegen dieser althergebrachten und mit Eifersucht überbrachten Ordnungen mit den Gemeinden in einen Conflict, bei welchem er nicht selten Fuhrwerk und Wagen einbüßen und seine Hartnäckigkeit mit harter Gefangenschaft bezahlen musste. Es war der Geist des Zunft -und Innungswesens, der hier sich auf den großen Verkehrsstraßen des Reiches niedergelassen hatte und eine Zunft gebildet hatte, deren einzelne Glieder die Gemeinden und deren Arbeitsfeld der gesamte Verkehr des Reiches waren. Im Allgemeinen war die Entwicklung dieser Verhältnisse im Reiche überall dieselbe, doch ist es auch überall gleich schwer, dieselbe bis zu ihren Anfängen zu verfolgen. Urkunden, Privilegien, Verträge begannen erst, wenn die Gewohnheit sich schon seit uralten Zeiten “über Menschen Gewähr“ festgestellt hatte und diese Ruheplätze des Frachtverkehrs sich zu einer Bedeutung aufgeschwungen hatten, daß sie auch gegen Widerspruch und Neuerung die alte Gewohnheit aufrecht zu erhalten vermochten. Darüber hinaus gibt es nur einzelne gelegentliche Bemerkungen, welche den Lauf der Straße wie mit einem Blitz kurz erhellen, denselben mehr ahnen lassen als zeigen, bis derselbe bei der fortschreitenden Entwicklung der Stationen klarer sich darlegt, nun aber nicht mehr als die freie, Leben gebende königliche Straße, sondern an seine eigenen Geschöpfe gebundenes, von denselben mit dem Zwange der Privilegien und der Gesetze beherrschtes Existenzmittel erscheint.
Die Länder, welche jetzt das Königreich Sachsen bilden, durchströmt die Elbe als die mächtigste Verkehrsader und verbindet sie mit Böhmen, Niedersachsen, dem Weltmeer, und doch war diese Wasserstraße bei weitem nicht so befruchtend für die Städtebildung in diesen Gegenden als die uralte Landstraße, welche das Königreich von Süden nach Norden durchschneidet und in ihren äußersten Endpunkten die Ostsee und die ihr angränzenden Küsten und nordischen Reiche mit dem mittelländischen Meere und dem Oriente, durch größere und kleinere Abzweigungen aber mit Böhmen, Ungarn und den österreichischen Kronländern, mit den süddeutschen Gebieten, mit Frankreich, dem Rhein und dadurch den Niederlanden und England vor alten Zeiten in Verbindung setzte. Diese Straße oder vielmehr dieses Straßensystem überzog die kurfürstlichen Länder mit dem Netze, dessen Maschen durch eine große Anzahl von solchen Verkehrsstationen und ohne Nachlaß aufblühenden Gemeinden, die sich in neuester Zeit zum Theil zu Gewerbsorten ersten Ranges mit Macht emporarbeiten, gehalten wurden. Auch hier verlieren sich die Anfänge in das Dunkel, und wo sich dieses gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts zu lichten beginnt, finden wir feststehende Verhältnisse, die nur durch ihre Erneuerung und Bestätigung uns bekannt werden und auf ältere, angeblich verlorene Urkunden, sicherer aber auf ein althergebrachtes Recht der Gewohnheit als ein ebenso unabänderliches Gesetz hinweisen. Die ältesten Nachrichten über diese Straße finden sich da, wo dieselbe die Elbe überschreiten musste. Am 27. Februar 983 (Codex dipl. Sax. S.16) überwies Otto II. mit der Villa Setleboresdorf den Zoll auf der Elbe an das Hochstift Meißen, und nach den Ausdrücken der Urkunde ist hier nicht ein Zoll von der Flußstraße allein, sondern auch vom Uebergang über den Fluß gemeint. Im Jahre 1160 (Ebenda, S. 54.) tritt dieser Uebergang über die Elbe unzweifelhaft hervor in einer Urkunde, welche der Bischof Gerung von Meißen über eine Schenkung von 4 Mark in theolonio, quod soluitur de transmeatione fluminis Albie unter der Stadt Meißen ausstellt. – Pirna erscheint als ein Verbindungspunkt der Flußstraße mit der Landstraße in dem großen Niederlags- und Zollprivileg, welches der König Johann von Böhmen am 20. April 1325 ( Abgedruckt in Horn´s Henricus Illustris, S. 369. Das Niederlagsrecht von Pirna wird auch erwähnt in einer Urkunde vom Jahre 1291; Cod. Dipl. Sax.I.S. 235.) für die Gemeinde ausstellte und das nach der Angabe nur eine Bestätigung dessen sein sollte, was schon der Markgraf Heinrich der Erlauchte in einer durch plötzliche Feuersbrunst vernichteten Urkunde festgestellt hatte. Wenn auch der Strom- und Schiffsverkehr für Pirna damals bei weitem der bedeutendere und vorherrschende war, so wird dieser doch bestimmt unterschieden von dem Verkehr, welcher vom Strom auf das Ufer und umgekehrt statt fand. Es ist darin von Wagen die Rede, welche Salz zu den Schiffen und andere Waaren von den Schiffen zurückführen, desgleichen von dem Wechsel, dem die Frachtwägen mit 4 und 2 Pferden unterworfen waren, endlich im Gegensatz zu der Auf= und Niederfahrt von Waaren, welche trans Albeam geführt werden. – Ein Zoll zu Mügeln wird erwähnt in einer Urkunde vom 1. April 1256. (Codex dipl. Sax. I. S. 147.) Als König Adolf die Markgrafschaft Meißen zu gewinnen trachtete, zog er der großen Heerstraße nach im December 1295 von Leipzig auf Altenburg, von hier auf Chemnitz und hatte am 19. Februar Freiberg schon erobert. (v. Posern-Klett, Verfassung der Markgrafschaft Meißen, S.87.) Die Straße von Meißen nach Böhmen wird in einer Urkundevom 25. Aug. 1341 erwähnt, wodurch König Johann von Böhmen dem Borso von Riesenburg die Genehmigung ertheilte, diese bei seinem Schlosse Osseck ( Riesenburg) vorüber führende Straße über Kloster Grab zu legen und daselbst einen Zoll zu erheben, den er aber mit dem Kloster Osseck theilen sollte. (Märcker, daß Burggrafthum Meißen, S. 248. Anm. 100.) Ein alter Uebergang über die Elbe war bei Dresden, dessen Bedeutung durch das Alter der Brücke bewiesen wird. Die älteste urkundliche Nachricht über diese Brücke ist aus dem Jahre 1287; (Neubert, die Rechtsverhältnisse der alten Elbbrücke, S. 145.) da dieselbe hier aber schon als eine steinerne bezeichnet wird, war wohl eine geraume Zeit vorher schon eine hölzerne Brücke vorhanden und vor derselben eine Fähre, welcher zu Anfang des 11. Jahrhunderts Erwähnung geschieht. Die Stadt Freiberg erhielt am 23. Juli 1318 vom Markgrafen Friedrich die urkundliche Bestätigung des althergebrachten Rechtes, daß die Wagen keine anderen Möglichkeiten nach Böhmen als durch Freiberg fahren sollten, und zugleich das Privileg der Niederlage. (Cod. dipl. Sax. 1. S. 330.) Auf der andern Seite der Elbe gehörte der Zoll in Hayn über Elbe ( Großenhain) zu diesem Straßensystem, welcher in einer Urkunde des Markgrafen Friedrichs vom Jahre 1329 genannt wird. (Acta, der Stadt Freiberg Privilegia betr. 1291 – 1539, Bl. 13, Loc. 9864.) Ein bedeutender und am frühesten durch die Eifersucht der betreffenden Städte auch gesetzlich festgestellter Theil des Hauptzuges dieser Straßen war der in der Markgrafschaft Lausitz, welcher den Sechsstädten ihre Bedeutung und ihren Zusammenhang mit dem großen Verkehr des östlichen Theils von Europa gab. In einer Urkunde vom 25. August 1308 (Lausitzer Magazin 1778, S. 183.) wird der „Durchzoll“ zu Görlitz zuerst erwähnt, aber schon als ein seit langer Zeit bestehender. Im Jahre 1339 verlieh König Johann von Böhmen der Stadt Görlitz urkundlich die Niederlage für den Waid, wie dieselbe von Alters hergebracht war, (Dresdner gelehrte Anzeigen 1754, S. 181.) während die Stadt Zittau in demselben Jahre nur die Erlaubniß erhielt, für den Gebrauch ihrer eigenen Bürger und nicht mehr Waid anzuführen. (Verzeichniß oberlaus. Urkunden S. 41.) Im folgenden Jahre verglich sich die Stadt Naumburg mit der Stadt Görlitz dahin, daß ihre Bürger mit dem durchzuführenden Waid hier nicht länger als vier Wochen die Niederlage halten sollten. (Ebenda, S.42.) Im folgenden Jahre, am 1. Juni 1341, schlichtete der König Johann einen Streit zwischen Görlitz und Zittau, welcher beweist, daß diese Straße in einer durch Gewohnheit und Privileg festgestellten Abzweigung bereits ein Gegenstand hartnäckiger Eifersucht zwischen den betreffenden Städten geworden war. (Abgedruckt in Leyers, dissert. de via regia, S. 19.) Die Stadt Görlitz behauptete, daß der althergebrachte und gesetzlich festgestellte Straßenzug nach Böhmen über Seidenberg und Schönberg und nicht, wie die Stadt Zittau wollte, über Friedland gehe, bewies auch solches Recht mit einem alten Zeugniß des brandenburg´schen Markgrafen. Der König entschied, daß alle Kaufleute, Fuhrleute und wer nur immer von Sachsen, Polen oder anders woher komme, sobald sie das Gebiet von Görlitz berührt hätten, keinen andern Weg als durch Görlitz nehmen und hier allen Rechten und althergebrachten Gewohnheiten nachkommen sollten, und verbot jedem, bei Vermeidung seiner königlichen Ungnade und der Straße Leibes und Gutes, den Weg über Friedland mit Waaren irgend welcher Art zu fahren. Seinem Sohne Karl, damals Markgrafen von Mähren, trug er auf, die Bürger von Görlitz in diesen ihren alten Rechten zu Schützen, die Straße über Friedland und andere verbotene im Görlitzer Gebiet zu verhindern und die Fuhrleute von diesen auf die gebotene nach Görlitz zu treiben. Als aber später die Bürger von Görlitz für sich die Straße über Friedland nach Böhmen mit Vermeidung der Stadt Zittau benutzen wollten, verbot ihnen wieder König Karl IV. am 2. März 1351, diese Straße zu fahren, und befahl, in der ordentlichen Straße über Weißwasser und Zittau nach Böhmen zu bleiben, widrigenfalls die Verbrecher mit Hab und Gut verfallen sein sollten. (Verzeichnis oberlaus. Urkunden S. 59. Vergl. Carpzov, Anal. Fastor. Zittav. IV. S. 146.) Im Jahre 1354, am 26. Januar, befreite derselbe König die Bürger und Einwohner von Löbau ( Lubovia) auf der Straße durch Budissin, Kamenz und Königsbrück von jedem Zoll oder Maut. (Verzeichniß oberlaus. Urkunden S.61.) Im Jahre 1356 (Ebenda, S. 67 u. 72. – Acta, Discurs von Landstraßen, Bl. 11. Loc.10511. Pescheck, Zittau II. S. 217 flg.) verbot er die Straßen durch Friedland, Seidenberg und Schönberg nach Böhmen und entschied im Jahre 1358 eine Irrung zwischen Görlitz und Zittau wegen des Straßenzuges dahin, daß die geordnete Landstraße von Zittau in die Mark Brandenburg nirgends anders als durch Görlitz, Priebus und Tribel gehen sollte, denn dieses sei die eigentliche alte Land- und Heerstraße aus Böhmen nach der Mark Brandenburg. Bald darauf sehen wir die lausitzischen Sechsstädte vereinigt, um ihr Anrecht auf diese Straße zu schützen. Nachdem am 13. Januar 1369 (Verzeichnis oberlaus. Urkunden, S. 86.) die Räthe der Städte Budissin, Görlitz, Zittau, Löbau, Laubau und Kamenz der Herzogin Agnes zu Fürstenberg und Schweidnitz gelobt hatten, hinfür die Straße nicht mehr zu hindern, die in ihr Land gehe, wendeten sich später die Städte Görlitz und Laubau aus Sorge um ihr Straßenrecht an den Kaiser Karl IV., der auch im Jahre 1377 (Ebenda, S. 99. Acta, Discurs von Landstraßen 2c. BL. 12.) urkundlich versprach, daß, wenn die Herzogin Agnes, seine Muhme, sterbe und das Herzogthum und die Lande, die sie jetzt besitze, an ihn und seine Erben, die Könige von Böhmen fallen werden, er und seine Erben den Bürgern zu Görlitz und Laubau an solchen alten Straßen, von wannen die kommen, die vor Alters durch Görlitz vor Laubau gen Polen und und wiederum von Polen vor Laubau durch Görlitz gegangen seien und gehen sollen, gemäß der von ihm und seinem Vater erworbenen Urkunden, in keiner Weise hindern noch hindern lassen wollten, und sollten alle Briefe, welche diese und andere Städte der Herzogin wegen solcher Straße gegeben hätten, nach dem Tode derselben untauglich sein und bleiben und den genannten Bürgern und dem Lande zu Görlitz keinen Schaden bringen. – Aus den folgenden Jahren finden wir noch verschiedene Urkunden, welche die immer wiederkehrenden Streitigkeiten zwischen einzelnen von diesen Sechsstädten, insbesondere zwischen Görlitz und Zittau wegen der Straßen über Friedland, Seidenberg und Schönberg, wie der Waidniederlage zu schlichten suchten und meistens die älteren Bestimmungen bestätigten. (Verzeichniß oberlaus. Urkunden, S. 101. 109. 113 u. 114.) König Wenzeslaus von Böhmen, der hierin ganz den von den König Johann und Karl eingehaltenen Grundsätzen folgte, verbot im Jahre 1383 (Ebenda, S, 115. Carpzov, Anal. IV. S. 146.) jede ungewöhnliche Straße von und nach Böhmen, außer der althergebrachten von Weißwasser auf Zittau und befahl, solches auf allen betreffenden Märkten auszurufen. Im Jahre 1387 (Ebenda, S. 13. Carpzov a.a.O.) begnadete derselbe die Stadt Zittau, daß die Einwohner dieser Stadt keine andere als die alte Straße nach Meißen, Sachsen und Lausitz zu fahren gehalten sein und zu einer neuen Straße von niemand gezwungen werden sollten. Jenes allgemeine Straßenmandat erneuerte derselbe König im Jahre 1414, während er in demselben Jahre durch seine Räthe den alten Streit zwischen Görlitz und Zittau dahin entscheiden ließ, daß hinfür kein Kauf- oder Fuhrmann von Böhmen nach Polen und zurück die Straße über Friedland, Schönberg und Greifenberg ziehen solle, sondern allein auf die Stadt Görlitz. (Verzeichniß 2c. S. 181 u. 182.)
Am Schluß dieses Jahrhunderts sehen wir auch durch diese Straße die oberlausitzischen Städte mit den meißnischen in nähere Verbindung gebracht, denn am 18. Decbr. 1398 (Ebenda, S. 148 u. 162. Weck, Dresd. Chron. S. 516.) verbanden sich die Sechstädte Buddissin, Görlitz, Zittau, Laubau, Löbau und Kamenz unter Einwilligung des Königs Wenzeslaus mit den Städten Meißen, Dresden, Hayn und den dazu gehörenden Landen auf fünf Jahre wider alle Schädiger, welche Verbindung im Jahre 1407 erneuert wurde. Im Jahre 1419 (Verzeichniß 2c. S. 196.) gebot wieder der König Wenzeslaus, in der Stadt Zittau an allen Markttagen ausrufen zu lassen, daß niemand fürdaß mehr die Straßen über Waltersdorf und Reichenberg von Meißen herfahre, sondern über Königsbrück, Kamenz, Budissin, Löbau gen Zittau und von da über Gabel nach Böhmen.
In der Markgrafschaft Meißen geschieht im Laufe des 15. Jahrhundertsverschiedener Zölle Erwähnung, die mit dieser großen Handelsstraße und ihren Abzweigungen in Verbindung standen. Urkundlich werden genannt: der Zoll zu Dresden, d.i. der Brückenzoll, und der Zoll zu Königsbrück im Jahre 1426, (Original no. 6039. 6422. 7649. 7791. 8497. U. 8503. – Haupt- Staatsarchiv, Abth. II. Zollsachen no. 3, 12 u. 13. – Ebenda, Böhmen, Zollsachen no. 111 u. 114.) der große Salzzoll zu Pirna im Jahre 1436, die Zölle zu Döbeln und Roßwein, die Zölle zu Rödern, Alten- Dresden, Radeburg, welche von dem Salze erhoben wurden, das über die Elbe in das Budissiner Land ging, der zu Grimma gehörige Zoll zu Pardau; auf der Straße aus Meißen nach Prag die Zölle zu Wolkenstein und Schirgenstein, auf der andern Elbseite die Geleite zu Hayn und Herzberg u.s.w. Wichtiger als diese vereinzelten, meistens in Folge von Zollplackereien und Streitigkeiten geschehenen Erwähnungen ist ein Vertrag, den der Markgraf Wilhelm im Jahre 1399 mit der Stadt Breslau und im Jahre 1404 (Cop.no.30, Bl. 132 u. 161 b.) auch mit der Stadt Krakau abschloß. Er versprach darin den Bürgern dieser Städte, wenn sie mit Kaufmannswaaren durch seine Lande reiseten, sichere Fahrt und seinen Schutz gegen jede Schädigung, doch sollten sie dagegen an den Zollstädten zu Hayn und Oschatz für jeden mit Kaufmannschatz beladenen Wagen 6 fl., zu Grimma aber 2 fl. bezahlen; würden sie aber den Weg über Dresden wählen, so sollten sie hier alle die Zollgelder erlegen, welche sie auf jenem Wege hätten bezahlen müssen. Dazu nehmen wir eine Urkunde des Kaisers Friedrichs IV. vom 28. April 1443, (Orig. no. 6764.) die er den Brüdern Markgrafen Friedrich und Herzog Wilhelm von Meißen ausstellte. Dieselben hatten ihn gebeten, weil die Straßen, welche von Zwickau und Chemnitz auf Budissin und Görlitz laufen, durch die böhmischen Kriege in der Lausitz hart niedergelegt seien und ihnen dadurch an ihren Zöllen und Geleiten großer Schaden zugefügt werde, die Straßen und Zöllen ändern und die Kaufleute auf Straßen in ihren Landen weisen zu dürfen, welche sie zu schützen vermöchten. (Haupt- Staatsarchiv Abth. II. Zoll- u. Geleitssachen no. 5. 6 .u. 7.) Der Kaiser gewährte diese Bitte und erlaubte ihnen an jeder Zollstätte soviel Zoll zu nehmen, als sie in ihrer Stadt zum Hayn über Elbe nach altem Herkommen zu nehmen befugt seien. Diese Straßenverlegung war aber, wenn sie wirklich stattfand, nur eine vorübergehende, da derselben später keine Erwähnung mehr geschieht. Weiter südlich über Zwickau hinaus hatte der Zoll von Plauen Bedeutung, sowohl für die gerade Verbindung zwischen Böhmen und Süddeutschland, insbesondere Bayern, wie zwischen Süddeutschland und der großen Straße über Zwickau, Chemnitz über die Elbe. Im Jahre 1471 wurden in Plauen von dem Amtmann Nickel von Tettau 6 Frachtwagen festgehalten, weil der Fuhrmann des einen Wagens bei der Zollentrichtung Waaren verschwiegen hatte. Die Wagen waren befrachtet mit Häringen, Honig, Tuch, Wollengarn, Rauchwerk, alles Waaren des europäischen Nordens und Nordosten und gehörten süddeutschen Kaufleuten, vielleicht von Augsburg oder Nürnberg, denn der Herzog Ludwig von Bayern nahm sich derselben in besonderer Fürschrift an den Kurfürsten von Sachsen an. Ein ähnlicher Zollstreit ereignete sich im folgenden Jahre wegen des Geleites zu Herzberg, (Ebenda, no. 9 u. 10.) dessen Geleitsmann vier Wagen, die zwei Bürgern von Freiberg gehörten, zu Lommatsch lange Zeit aufhielt, weil sie ein ungewöhnlich erscheinendes Geleitsgeld zu Trebisch nicht hätten zahlen wollen; sie mussten schriftlich versprechen, dasselbe nachzuzahlen, sobald es vom Kurfürsten erkannt werde. Die Wagen kamen von Frankfurt an der Oder und waren mit Häringen und anderen Fischen beladen.
Der wachsende Frachtverkehr auf dieser, die Markgrafschaft Meißen auf ihrer längsten Ausdehnung durchschneidenden Straße veranlaßte den Markgrafen Friedrich und seinen Bruder Wilhelm, eine Niederlage auf derselben zu errichten, und sie ließen sich deshalb vom Kaiser Friedrich IV. durch eine Urkunde vom 28. April 1443 (Orig. no. 6766.) dahin begnadigen, daß sie zu Dresden oder zum Hayn über Elbe, wo ihnen das am bequemsten und füglichsten erscheine, eine gewöhnliche Niederlage aller Kaufmannschaft legen und machen sollten mit allen Gewohnheiten, wie sie anderer Niederlagen Recht seien. In Folge dieser Erlaubniß erhielt auch die Stadt Dresden durch den Kurfürsten Friedrich den II. Niederlagsprivileg vom 17. September 1455. (Hasche, diplom. Geschichte Dresdens I. S. 35.) Später ließen sich der Kurfürst Ernst und sein Bruder Albrecht durch eine Urkunde Friedrichs vom 3. Januar 1478 (Orig. no. 8328.) die Privilegien wegen Verlegung der Zölle und Geleite in ihrer Markgrafschaft und wegen des Niederlagsrechtes in Dresden, Hayn oder Wittenberg bestätigen, weil die Elbe schiffreich von Böhmen durch ihre Lande vor Wittenberg vorbei in die See fließe und auf derselben von Böhmen und andern Ländern Kaufschatz, Getreide, Wein, Holz, Steine, Eisen, Bretter u. s. w. in die See, und Fische, Häringe u. a. wieder herauf gingen.
In der nächstfolgenden Zeit waren es neben den sächsischen Kurfürsten die Sechsstädte, die mit Eifersucht und Anstrengung die unveränderte Einhaltung des alten Straßenzuges überwachten, denn sie war bereits für sie zu einer Lebensfrage geworden. Im Jahre 1462 hatten sie deshalb Verhandlungen mit dem Kurfürsten Friedrich, in Folge deren derselbe eine Straßen- und Zollverordnung erließ, welche den späteren Verhandlungen vielfach zu Grunde gelegt wurde. (Haupt- Staatsarchiv, Abth. II. Straßensachen Bl.1. – Acta, Schreiben zwischen Herzog Georg von Sachsen und den sechs Städten 2c. 1521 – 39. Loc. 10511.) Von Budissin sollen die Wagen, die gen Franken wollen, gehen auf Bischofswerda, Dresden, Freiberg, Chemnitz, Zwickau, Voigtsberg und fort gen Franken; die Wagen die gen Thüringen wollen, sollen gehen auf Königsbrück, Hayn, Oschatz, Grimma (oder Eilenburg ), Leipzig und fort gen Thüringen auf Hin- und Wiederwegen, und sonst keinen anderen Weg fahren bei Verlust des Gutes und sonderlicher Strafe. Item alles Gut und Kaufmannschaft, das von Polen, Schlesien, nehmlich von Breslau, gen Thüringen, Franken, Meißen oder Sachsen geht, soll geführt werden auf Laubau, Görlitz, Budissin, Kamenz, Königsbrück, Hayn, Oschatz, Grimma oder Eilenburg, Leipzig und wiederum. Die angehängte Zoll- und Geleitsordnung für Hayn, das für diesen Straßenzug rechts der Elbe die Hauptzollstätte blieb, führt an Waaren auf: russisches u. lombart`sches Wachs, - ein Wagen Wachs, d. i. 12 russische oder 20 lombart`sche Scheiben, zahlte 6 ungr. fl.; Leder, ein Wagen, d. i. 450 Felle zahlte ebensoviel; Tuch, - ein dresdnisches oder döbelnsches Tuch zahlte 4 Heller, ein polnisches oder vorländisches 6, ein mechlisches oder brüggisches 1 Gr., scharlachnes, gefärbtes Tuch von Gent, Tuch von Zypern, von Dornik (Tournay), Mecheln, Brügge, Mastricht, Poperingen, Aachen, St. Trudo ( St. Truyen ), der Grafschaft Hoya, für den Ballen = 12 Tücher, 18, 16, oder 14 Gr., inländisches Tuch weniger, ein ganzer Wagen mit Gewand zahlt 6 ungr. Fl.; Pech, Eisen, Karden, für den Wagen 28 Heller, Getreide, Leinwand, Garn, Flachs, Tonnengut (Häring, Fisch und Honig), die Tonne 1 Gr., Kupfer und Blech, der Ltr. 1 Gr., doch weißer Waare 2 Gr. An „kleiner“ Krämerei, die zum Hayn für den Wagen mit 4 Gr., für die Karre mit 2 Gr. vergeleitet werden mußte, wird aufgeführt: Seide, Pfeffer, Safran, Ingwer u. a. Gewürze, Gürtel, Messer u. dergl., an „ großer „ Krämerei Barchent, Beuteltuch, Ziechen ( Bettzüge ), Baumwollenzeug von Magdeburg, Gewandscheeren ( von der Scheere 6 Heller ), Sensen, große und kleine Mulden, Eicheln, Pferde, Rind- und Kleinvieh, Oel, Mandeln, Reiß, Feigen, Wein, als wälsche Weine Malvasier, Reinfall ( von Rivoglio in Istrien ) und Romaney Wein, böhmischer Wein, Salpeter, Wolle, Holz. In einem weitern Verzeichniß werden noch aufgeführt außer verschiedenen Fettwaaren, Röthe, Zwetzschgen, Weid, rheinische Weine – der Wagen mußte 35 Gr. zollen, damit war aber der Fuhrmann des Weinverzapfens entledigt, - Salz, lebendige Fische, Hanf- und Mohnkörner u. a. Gesäme. Von Krämern und Handwerkern, die zu Pferd und mit Karren hier durchzogen und feilboten, werden aufgeführt Kupfer- und Waffenschmiede, Seiler, Sattler, Seifensieder, Drechsler, Tischler, Büttner, Töpfer, Muldenmacher. Die in Hayn sich kreuzenden und abzweigenden Straßen werden also beschrieben. Alle Wagen mit Gütern aus der Mark, Lausitz, als Brandenburg, Berlin, Stettin und andern Orten sollten fahren auf Herzberg durch den Hayn auf Lommatzsch, Meißen, Dresden, Pirna, Freiberg, Brüx und andere Gebirgsstädte; alle Wagen mit Gewand, Wachs, Leder, Schönwerk, Kupfer, und andern Gütern, die ein Geleitsgeld zahlten, sollten von Breslau, Görlitz, Budissin, und andern Hinterstädten durch den Hayn nach Leipzig, Erfurt, Frankfurt, Halle fahren und in die Lande Thüringen, Hessen, Franken; desgl. sollten alle Salzwägen der Hinterstädte und Schlesiens, und die, welche Oschatz berührten, durch den Hayn auf Pirna, Dresden, Schluckenau, Neustadt, Stolpen, Bischofswerda fahren, wegen der Wagen aber, welche durch Mühlberg und Strehlen auf Radeburg und Meißen fuhren, war ein Beigeleit im Amt Hayn zu Grödel eingerichtet, wo auch alle, die mit Gütern nach Leipzig, Halle, und Magdeburg über Ortrand fuhren, das Geleitsgeld erlegen und ein Geleitszeichen lösen mußten, ohne welches sie zu Ortrand nicht sollten durchgelassen werden. Zu Moritz (Morits) war ein Geleitsmann gelegt, daß er dort die zu Hayn gelösten Zeichen und denen, die aus der Mark und der Lausitz kommend auf diese Fähre abschlugen, das Geleitsgeld abfordere, zu Merschwitz ein Beigeleite für die Salzwägen bestellt, die sich auf Dresden und Pirna schlugen und zu Dresden nur mit dem Zeichen, das zu Merschwitz ausgegeben wurde, durchgelassen wurden. Alle Wägen, die aus der Mark, Lausitz, Magdeburg die Aemter Dresden, Meißen und Lommatzsch passirten, sollten nicht durchgelassen werden, wenn der Fuhrmann nicht ein im Hayn oder ineinem der Beigeleite gelöstes Zeichen niederlegte.
Wir sehen aus diesen Bestimmungen, die später immer wieder erneuert wurden, daß „Hayn über Elbe „ jetzt Großenhain, in dem europäischen Durchfuhrhandel keine unbedeutende Stelle einnahm, die zum Theil durch das natürliche Zusammenlaufen der Straßen, zum Theil aber durch künstlichen Geleitszwang geschaffen war. Es begegneten sich hier die Waaren des Mittelmeers und der Ostsee, Waaren, die wie Pelzwerk und Gewürze auf diesen Meeren schon Gegenstände des Durchfuhrhandels waren und jenes aus dem äußersten Norden, diese aber tief aus Asien gebracht wurden, ferner die Erzeugnisse des europäischen Nordostens, der Länder Schlesien, Polen, Rußland und die des Südens u. Südwestens, von Oberitalien, Südtirol, und Südschweiz, die Erzeugnisse der österreichischen Länder, Böhmen, Ungarn, und die aus den Mündungsgebieten des Rheins, der Maas und der Schelde. Der Plan, hier eine Niederlage zu gründen und die Durchfuhr in einen Markthandel, die Zoll- und Geleitsstätte in einen Handelsplatz zu verwandeln, war also für jene Zeiten nicht unbegründet, doch der Ausführung stand wohl zunächst im Wege, daß die Straßen zum Theil nur durch Zwang hier zu einem Knoten geschürzt und deshalb auch stets sich loszulösen geneigt waren, dann aber auch, daß auf der andern Seite der Elbe Leipzig den Vorsprung gewonnen und durch die vortheilhaftere Lage gegen Süd- und Südwestdeutschland schon für den Weltverkehr der östlichen Hälfte Europa´s mit Erfolg seine Stellung als Markt- und Vermittlungsplatz einzunehmen begonnen hatte, welcher Vorsprung freilich durch Zoll- und Niederlagszwang nicht aufzuheben noch einzuholen war.
In demselben Jahre hatte die Stadt Görlitz wegen des andern Theiles dieses Straßenzuges mit dem Herzog Johann von Schlesien und Sagan einen Streit, den der König Georg von Böhmen auf einem Rechtstag zu Glogau beilegte. Die hierauf bezügliche, vom 20. Mai des Jahres 1462 datirte Urkunde (Haupt-Staatsarchiv, Abth. II. Böhmen, Straßensachen S. 5.) bestätigte die vorausgegangenen Privilegien und Ordnungen der Könige und Kaiser Johann, Karl IV. und Sigismund. Da sich der Herzog Johann darauf berief, daß die von Görlitz ihre Gerechtigkeit seit einigen Jahren hätten außer Gebrauch kommen lassen, bewiesen diese, daß Sigismund selbst in seinem Privileg bezeugt habe, dieser Nichtgebrauch der Privilegien sei nur in Folge von Kriegesläuften geschehen und sie deshalb auch in das alte Recht vollständig wieder eingesetzt worden. Demnach wurden auch alle Einsprüche und Briefe des Herzogs Johann, der den Frachtverkehr auf Prebus zwingen wollte, für unkräftig und machtlos erklärt und die von Görlitz und andere Städte bei der alten Straße gelassen. „ Nachdem sie von Alters hergebracht haben, heißt es dann weiter in dieser Urkunde, daß alle und jegliche bedeckte, verbundene, mit Salz und andern Waaren beladene Wagen, mit welcherlei Waare oder Kaufmannschatz dieselben, leer oder geladen, von Sachsen, Thüringen, Meißen in die Lande gen Polen und Schlesien reisen, gen Eilenburg oder Grimma kommen und von dannen auf Oschatz oder Hayn an der Elbe, sollen fürder auf Königsbrück, Kamenz, Budissin, Görlitz, Lauban, und dann fort gegen Polen oder in die Schlesien reisen und hinwieder zurück von Polen und Schlesien nach Sachsen u. s. w.; die den Queis rühren und darüber kommen, sollen auf Lauban, Görlitz, Budissin, Kamenz, Königsbrück und fürder in Thüringen, Sachsen und Meißen auf den Hayn, Oschatz, Grimma und Eilenburg reisen, bei Strafe von 50 Mark löthigen Geldes. (Acta, Etzliche alte Urkunden zu dem Discurs wegen der hohen Landstraße aus Polen 2 c. gehörig. 1462. Loc. 10511.)
Nach Aufrichtung dieses Rechtsspruches hat der Rath der Stadt Budissin den König Georg, auch für sie, die von solchen Straßen und Geleisen mit berührt würden, die alten Rechte urkundlich zu bestätigen, was denn auch durch eine in den Hauptpunkten gleichlautende Urkunde, d. d. Prag 30. Juni 1462, geschah. (Acta, Discurs von Landstraßen, Bl. 16. Loc. 10511.) Allen Unterthanen und Getreuen des Königs, sonderlich aber dem Vogt der Sechsstädte wurde dadurch befohlen, die von Budissin und ihre Nachkommen ansolcher Straße und Geleis zu handhaben und zu schützen.
König Georg schickte in demselben Jahre, d. d. 22. Juli, eine Abschrift des Rechtsspruches an den Kurfürsten Friedrich mit der Bitte, denselben seinen Amtleuten wie dem Bischof von Meißen bekannt zu geben, was auch sogleich von dem Kurfürsten geschah (Acta, Etzliche alte Urkunden 2c. Bl. 72. 78 u. 79.) und zusammentraf mit der oben erwähnten Ordnung dieses Kurfürsten. In einem hierauf bezüglichen Befehl heißt es in einem angelegten Zettel wie oben: „ Von Budissin die Wagen, die gegen Franken wollen, sollen gehen auf Bischofswerda, Dresden, Freiberg, Chemnitz, Zwickau, Voigtsberg und fort gegen Franken; die gegen Thüringen wollen, von Budissin auf Kamenz, Königsbrück, Hayn, Oschatz, Grimma, Leipzig und fort gegen Thüringen. Also soll das werden gehalten auf den Hin- und Wiederwegen; welche Geschirre auf den Straßen sich deß anders halten und aufgehalten werden von unsern Amtleuten,sollen wandeln und den Schaden tragen ohne alles Widersprechen.“
Aber auch diese Ordnungen wurden bald wieder von den Frachtführern und Kaufleuten, die ihrem Vortheile und nicht dem Zwange folgen wollten, übertreten. Am 23. October 1465 (Haupt-Staatsarchiv, Abth. II. Straßensachen, Bl. 2.) schrieb die Kurfürstin Wittwe Margareta an den Kurfürsten Ernst, ihren Sohn: „ Nachdem kürzlich unser Geleitsmann zu Eilenburg um Veränderung willen der Straße, die auf Gruna (zwischen Eilenburg und Düben) und Düben geschlagen wird, etlich Vieh und andres auftreiben lassen und auch jüngst E.L. zu Grimma mit uns derselben Straße halben geredet hat, ist an uns gelangt, wie daß etliche Wagen, Vieh und andres mehr auf die vorgemeldeten Straßen schlagen, das vor Alters nie gewesen und alle Wege gewehret worden ist, das uns und E. L. an Zöllen und Geleiten Schaden bringt; haben deswegen unserm Geleitsmann geschrieben, solches zu wehren… Als bitten wir auch E. L., uns solche Straßen helfen handhaben und vertheidigen, daß sie nach alter Gewohnheit unverändert bleiben.“ Desgleichen berichtete der Geleitsmann zum Hayn an den Kurfürsten am 30. September 1465: (Ebenda, Bl. 3. Arch. f. d. sächs. Gesch. VII.) "...als mir E. Gn. geschrieben haben, wie die geladenen Wagen durch E. Gn. Fürstenthum die Straße bauen sollen, thu ich ganz willig…. Es ist also auf zwei Markttagen zu Breslau offenbar geboten, deßgleichen zu Leipzig, auf daß sich mit Unbewußt niemands entschuldigen mag. Ob nun die Fuhrleute Behelf nehmen mögen, daß sie das Wasser, die Queiß genannt, nicht rühren, so überlistigen sie die Straßen also, daß sie durch ihren Nutz beide, Kaufmann und Fuhrmann, E. Gn. Gerechtigkeit und Zugang zu hindern gedenken, denn da im diesem Markt vor einem Jahr mehr als 60 beladene Wagen sind herausgegangen, der sind jetzt nicht zwei gekommen. Vor alten Jahren haben alle die Wagen, die aus Polen und Schlesien gen Nürnberg haben gegangen, Dresden, oder Hayn und Oschatz müssen rühren, die dann gen Leipzig, Erfurt und Halle haben gegangen, haben alle müssen den Hayn und Oschatz durchgehen, derselbigen Wagen kommt keiner nicht und ziehen E. Gn. trefflichen Schaden zu.“ Das Zurücktreiben der Fuhrleute auf die rechte gebotene Straße und das Wegnehmen von Geschirr und Wagen wird wiederholt erwähnt, (Abth. II. Schlesische Sachen Bl. 5 u. 26.) wobei sich gewöhnlich die Fuhrleute mit ihrer Unwissenheit entschuldigten.
Diese Unwissenheit oder vielmehr Unsicherheit in der Erinnerungan die sich viel kreuzenden und abzweigenden Straßenzüge herrschte selbst bei den zunächst Betheiligten, weßhalb denn häufig Bekenntnisse darüber aufgenommen wurden. In einer Urkunde vom 12. September 1460, mit der Aufschrift: „ Recognitio über die Strassen, „ (Acta, die Handlung zu Frauenstadt, Quasimodogeniti 2c. 11, der Durchfahrt halben zu Großen Glogau. Bl. 6. Loc. 10511.) heißt es: „ Nachdem wir Bürgermeister und Rathmannen der Städte Budissin, Görlitz, Lauban und Kamenz von Friedrich, Herzog zu Sachsen etc. und seiner Gn. Städten Hayn, Oschatz, Grimma ersucht und erfordert sind um ein Erkenntniß, wie die Straßen aus Polen und Schlesien in das Land gegen Sachsen, Thüringen und Meißen und gen Halle vor Alters gegangen hätten und gehen sollten, daß wir uns fürder bei den Aeltesten in den Städten und andern, auch in unserm heimlichen Behältniß aus Briefen und Privilegien und aus unsern Memorialbüchern fleißiglich und tief erforscht haben, das dieselbe Straße vor Alters also gegangen ist; alle und jegliche verdeckte, verbundene u. a. Wagen, alle Kaufleute und Fuhrleute, welcherlei Waaren und Kaufmannschatz die führen oder treiben, die aus Polen oder Schlesien in die Lande gen Sachsen, Thüringen und Meißen, des Orts und Endes auf Leipzig und Halle wollen und über den Queis kommen und der obgenannten Städte Weichbild als nehmlich Lauban und Görlitz rühren, die sollen auf die Städte Lauban, Görlitz, Budissin, Kamenz und Königsbrück und fürder auf den Hain, Oschatz, Grimma ziehen und fahren, ausgeschlossen Salzwagen, die gen Halle wollen, die mögen von Oschatz auf Grimma oder Eilenburg ungefähr ziehen, desgleichen wiederum.“… Dieses Bekenntniß wurde von denselben Städten auf das Begehren der darin genannten sächsischen Städte am 28. December 1488, weil einige Siegel an der alten Urkunde beschädigt waren, von Wort zu Wort erneuert. (Ebenda, Bl. 8.) In demselben Jahre war auch eine Irrung zwischen kurfürstlichen und der herzoglichen Linie von Sachsen wegen dieses Straßenzuges, obwohl kurz vorher auf dem Tag zu Torgau auch dieser Angelegenheit wegen eine Abrede zu Stande gekommen war. Der Geleitsmann des Herzogs Albrecht zum Hayn hatte einige Fuhrleute, welche, wie sie behaupteten, schon lange Zeit von Breslau auf Liegnitz, Sprottau, Sagan, Prebus, Muskau, Spremberg, Senftenberg, Liebenwerda, Torgau u.s.w. gefahren waren, auf dieser Straße im Dorfe Doberstroh nicht weit von Senftenberg mit Kummer belegt. Trotz der Gegenvorstellungen der kurfürstlichen Räthe wurden dieselben Fuhrleute auf derselben Straße bald darauf von Neuem mit 4 Wagen voll Leder und Honig festgehalten und nur gegen genügende Bürgschaft entlassen, worauf der Kurfürst und der Herzog Johann am 20. April 1488 den Herzog Albrecht zum Austrag über diese Angelegenheit aufforderten. Im folgenden Jahr schwebten diese Sachen noch unausgetragen, denn am 5. Juli schrieb der Kurfürst Friedrich an Herzog Georg, daß die Kauf= und Fuhrleute, die gen Senftenberg gekommen seien, von den herzoglichen Amtleuten daselbst mit Gewalt gezwungen würden, die Straße auf Liebenwerda, Belgern, Torgau und Eilenburg, die sie vorher allewege gefahren und gebauet hätten, zu meiden und die Straßen auf den Hayn und Oschatz zuzufahren, wodurch die Kurfürsten Straßen und Geleite ganz verödet und niedergelegt würden; in der Voraussetzung, daß solches ohne des Herzogs Wissen geschehen ist, bat er denselben, solches gedrängliche Vornehmen der Amtleute abstellen zu lassen. (Acta, die Landstraßen in Meißen betr. 1489 – 1660. Loc. 10513.) Der Antrag ließ aber noch lange auf sich warten und die Fuhrleute wurden nach wie vor auf einer Straße auf die andere gezwungen, um dort wie hier gekummert und geschatzt zuwerden.
Zu gleicher Zeit, im Jahre 1488, hatte der Kurfürst dieselben Beschwerden auch gegen die Stadt Görlitz. Am 10. Januar (Acta, Etliche alte Urkunden 2c. Bl. 82. 83 u. 84.) schrieb er an den Rath: „ Es ist an uns gelangt, wie ihr euch unterstehen sollt, die Landstraße von unserer Stadt Prebus aus nach Klitzdorf und Buntzlau zu wehren, die doch allewege vor Alters dahin gegangen und also an uns kommen ist, dadurch an unseren Zöllen und Geleiten zu Sagan und Prebus merklicher Abgang zugefügt wird; begehren darum gütlich, ihr wollet euer Vornehmen abstellen und die Fuhrleute wie vor Alters ungehindert auf Klitzdorf und Bunzlau fahren lassen. „ Darauf schrieben aber die Görlitzer an die Räthe des Herzogs Albrecht und baten um Hülfe, daß die geordnete Straße im Wesen bleibe wie vor Alters und nicht neue und fremdeStraßen zugelassen würden.
Am 7. März d.J. vereinigten sich die vier StädteBudissin, Görlitz, Lauban und Kamenz nach gehaltenem gemeinen Landtage zu einer Antwort an den Kurfürsten Friedrich und den Herzog Johann, worin sie sich beriefen, daß sie von den ältesten Zeiten her von ihrer Erbherrschaft mit der königlichen Straße (via regia) begnadet und dieselbe von den Königen Johann, Karl IV. und Sigismund bestätigt sei; sie hätten dieselbe auch bis dahin ohne jemands Einhalt und rechtliche Einsprüche in Gewähr und Gebrauch gehabt, seien dabei auch durch die Rechtssprüche der Könige Georg von Böhmen und Matthias von Ungarn gelassen und bäten, sie auch ferner in dieser Freiheit nicht zu behindern, sondern dieselbe bei Würden und Wesen bleiben zu lassen. (Acta, Handlung zu Frauenstadt 2c. Bl. 19 u. 20.)
Die Verhandlungen und Streitigkeiten über diesen Straßenzug bald auf der einen bald auf der einen bald auf der andern Seite dauerten fast ununterbrochen. Am 15. April 1489 schickte der Herzog Georg seine Räthe nach Leipzig, um sich gemäß des letzten Abschieds von Jüterborgk hier mit den ernestinischen und den brandenburgschen Fürsten wegen dieser Straßen zu vergleichen. Im Jahre 1493 hatte sich wieder die Stadt Görlitz gegen eine Beschwerde des Herzogs Georg zu vertheidigen, wobei der Rath berichtete, daß er auf des Herzogs Schreiben vor 4 Jahren in der Stadt hätte ausrufen und alle Bürger hätte weisen lassen, dieselben Straßen zu halten und keine neuen Wege zu suchen, und auf einen demnächst mit den befreundeten Städten und der Ritterschaft in dieser Angelegenheit zu haltenden Landtag verwies. (Etliche alte Urkunden 2c. Bl. 100.) Im Jahre 1500 wollte der Kurfürst von Sachsen die Frachtwägen auf Rödern zwingen, um hier erhöhten Zoll zu erheben, dem widersprachen aber die Städte Liegnitz, Löwenberg und Bunzlau. Sie stellten auf Aussage ihrer Fuhrleute am 4. April 1500 gemeinsame Bekenntnisse aus, daß die geordnete hallische Salzstraße über Eilenburg, Oschatz, Hayn, Königsbrück, Kamenz u.s.w., nie aber auf Rödern gegangen sei und daß, wenn jemand über Rödern hätte fahren wollen, er daselbst vom Wagen nie mehr als 1 alten Pfennig oder 2 görlitzsche Pfennige, auf anderen Dörfern aber nichts bezahlt habe. (Ebenda, Bl. 94.)
Die oberlausitzschen und schlesischen Städte ließen sich im Jahre1502 zum Schutz ihres nirgends mehr recht haltbaren Straßenrechtes die alten Rechtssprüche und königlichen Urkunden durch Ladislaus, den König von Ungarn und Böhmen erneuern. (Discurs von Landstraßen 2c. Bl. 20.) Wiewohl mit jenen Rechtssprüchen, heißt es in dieser Urkunde vom 18. März 1502, allein die Kauf- und Fuhrleute, die von Sachsen, Thüringen und Meißen nach Polen und Schlesien und wiederum zurück reisen, gemeint seien, hätten sich doch die dermaligen Inhaber des Burglehns zum Bunzlau und die Bürger zum Lauban unterstanden, wo Kauf- und Fuhrleute aus dem Markgrafenthum Oberlausitz nach Schlesien und wiederum aus Schlesien in die Oberlausitz reisen, ohne die vorgenannten Lande zu berühren, dieselber kraft des vorberührten Rechtsspruchs einzutreiben und, weil sie den Queiß rühren, von Görlitz auf Lauban, Bunzlau, Sprottau und Großenglogau oder nach Breslau zu zwingen, oder wo sie wie vor Alters grade über die Heide fahren, ihnen unterweg neue Zölle abzunehmen, so daß der Kaufmann zu großem Nachtheil der Städte sich fürder enthielte, solche Straße zu bauen. Da der König nicht wolle, daß jemand eignen Willens andere Straßen als die alte gebrauche, auch gefunden habe, daß allein die aus den vorgenannten äußeren Landen durch die Oberlausitz reisenden und also, den Queiß rührenden Kaufleute und nicht die, welche nur von Schlesien nach Oberlausitz und wiederum zurück ziehen, in dem Rechtsspruche begriffen seien, auch vor Alters von den von Großenglogau und Sprottau über die Heide auf Lorenzendorf gen Görlitz und wiederum ziehenden Kauf- und Fuhrleuten zwischen Sprottau und Görlitz kein Zoll gefordert worden sei, habe er auf die Bitte der Bürger von Görlitzdie obberührten Straßen über die Heide, wie die vor Alters gegangen, bestätigt also, daß alle Kaufleute, die mit Kaufmannschatz aus Oberlausitz in Schlesien und wiederum reisen und mit ihren Aus- und Einzügen Sachsen, Thüringen und Meißen nicht berühren, von Görlitz über die Heide auf Lorenzdorf, Sprottau, Großglogau, auch über die Heide auf Bunzlau und fürder zurück ziehen durften und von den Inhabern des Burglehns zum Bunzlau und von den Bürgern zu Lauban mit neuen Zöllen nicht beschwert werden sollten, doch unbeschadet dervorberührten Landstraße.
Diese Irrungen überall führten im Jahre 1503 zu verschiedenen Unterhandlungen und Tagfahrten. Die Streitigkeiten zwischen den sächsischen Fürsten sollten auf dem Tage zu Wurzen beigelegt werden, (Etliche alte Urkunden 2c. Bl. 88.) wozu durch den Abgeordneten des Herzogs Georg, Heinrich von Schleinitz, auch die oberlausitzischen Städte eingeladen wurden. Die Städte Budissin und Görlitz ließen sich dazu von der Stadt Bunzlau auf Aussage der Aeltesten der Stadt am 15. Juli ein Bekenntniß ausstellen, (Handlung zu Frauenstadt 2c. Bl. 21 u. 22.) daß von Alters her alle Kauf- und Fuhrleute, die mit Waaren von Sachsen etc. in Polen und Schlesien getrieben und gen Lauban gekommen seien, von dannen auf Naumburg, Bunzlau, Hain, Liegnitz oder auf Löwenberg und also nach Polen und Schlesien und wiederum zurück getrieben hätten, daß ferner alle Wagen, die aus Polen und Schlesien nach Sachsen u.s.w. getrieben und gen Breslau, Brieg und der Lande Orte gekommen, von dannen auf Liegnitz Hain, Bunzlau, Naumburg, oder auf Löwenberg gen Lauban und fürder in die Lande Meißen (Ebenda, Bl. 23 flg.) gefahren seien. – Auch die von Naumburg am Queiß stellten ein Bekenntniß desselben Inhalts aus, worauf denn die Stadt Görlitz sich zur Absendung einer Botschaft mit den befreundeten Städten bereit erklärte und bat, auch einige von den sächsischen Städten, wie Dresden und Freiberg, zuzulassen und von denselben ein gleiches Bekenntniß ihrer ältesten Kauf- und Fuhrleute über die althergebrachte conformirte Straße zu erfordern, welches letztere auch geschah. Zu gleicher Zeit wandte sich die Stadt Görlitz wieder an den König Ladislaus, der am 9. December dieses Jahres eine neue Urkunde ausstellte und darin bestätigte, daß König Matthias einen Zoll zu Reichenbach, den er dem Christof von Kottwitz verliehen, auf den Bericht der Einwohner von Schlesien, Lausitz und den Sechsstädten widerrufen und den Städten Budissin und Görlitz volle Gewalt gegeben habe, die königliche Straße bei altem Herkommen und Landesgewohnheit zu handhaben. Weil aber in den königlichen Briefen und Rechtssprüchen nicht eigentlich ausgedrückt sei, auf welche Städte in Schlesien diese Straße gehen solle, die Worte aber: „ die den Queiß rühren und darüber kommen“, von manchen als Vorwand genommen würden, um außerhalb der geordneten Straße auf Sagan und Prebus zu fahren, so verordnete nun der König auf Grundlage der Rechtsbriefe, daß hierfür zu ewigen Zeiten unverbrüchlich wie des Alters alle Wagen, leer und geladen, und alle Kauf- und Fuhrleute, die aus Polen und Schlesien gen Breslau, Brieg oder derselben Lande Orte kommen und in die Lande Meißen, Sachsen, Thüringen fahren, von Brieg sollten auf Liegnitz, Hain, Bunzlau, Naumburg, oder Löwenburg gen Lauban kraft der Rechtsbriefe nach Meißen u.s.w. und wiederum zurück auf Königsbrück, Kamenz, Görlitz, Lauban, Naumburg, Bunzlau, Hain, Liegnitz oder Löwenberg ziehen und bei schwerer Strafe und Ungnade keine andern Beiwege suchen; alle neuen und alle Steigerungen der alten Zölle auf solcher Landstraße solltenaufgehoben und die Briefe darüber ab und todt sein.
Der Abschied des Tages von Wurzen, 2. Juli 1503, (Handlung zu Frauenstadt c. Bl. 32.) enthielt die Abrede, daß die Straßen, um welche diese Irrungen entstanden, hinfürder wie vor Alters ganghaftig sein und bleiben und kein Theil dem Andern fernerhin zur Beschwerung etwas vornehmen sollte. Aber auch diese recht einfache Anrede wurde nur auf Hinterbringen an die Herrschaft angenommen und künftige Bedenkenvorbehalten; Streit und Irrungen blieben nach wie vor.
Bemerkenwerth für einen andern Theil dieses Straßenzuges ist eine Werbung des Herzogs Georg beim Landgrafen von Hessen, die ungefähr um diese Zeit durch Wolf von Schleinitz überbracht wurde. Ueber Menschengedenken, heißt es in derselben, sei es in Uebung gewesen, daß alle Güter, die aus den Niederlanden und von Frankfurt nach Schlesien in die Stadt Brelau, da jetzund die Niederlage gehalten werde, und weiter nach Polen geführt würden, durch des Landgrafen und des Herzogs Georg Land gegangen seien und keine andere Straße gebraucht hätten; doch habe letzterer nun erfahren, daß die von Breslau mit dem Kurfürsten Joachim von Brandenburg in Handlung ständen, solche Straße aus dem Niederland und von Frankfurt durch die Mark zu wenden und sonderlich, daß die Waaren von Frankfurt zunächst durch Hessen, aus dem Niederland aber durch das Stift Münster, Herzogthum Braunschweig und von da in die Mark gehen sollten, oder auf dem Meere bis Hamburg, von hier auf der Elbe bis Magdeburg, von hier durch die Mark nach Frankfurt a. O., wo die Niederlage sollte eingerichtet werden. Mit denen von Breslau habe der brandenburgsche Kurfürst schon verhandelt, daß sie mit ihren Gütern nur diese Straße gebrauchen, (Ebenda, Bl. 37.) zu Frankfurt a. O. Niederlage halten, dafür aber für ihre Waaren zwischen Breslau und Frankfurt a. O. ganz frei und gegen jedermänniglich in des Kurfürsten Schutz genommen sein sollten. – Wir haben hier also Concurrenz der oft sogenannten niedern Landstraße, vom Niederrhein über Magdeburg auf Frankfurt a. O., von hier nach Schlesien und Polen, mit der hohen Landstraße. Doch schrieb der Rath von Breslau noch am 17. März 1504 an Herzog Georg, daß seine Stadt die Bewahrung der alten Straße stets in Obacht nehmen werde, wenn aber ein Fuhrmann aus Muthwillen seinen eigenen Nutzen suche und wider ihren Willen und Wissen andere Straßen fahre, solle man diesen und nicht den Kaufmann strafen, damit nichtLetzterer aus Furcht solche Straßen ganz meiden möchte.
In den folgenden Jahren blieben die Streitigkeiten dieselben. Die fremden Kaufleute suchten für ihre Waarenzüge nähere und mit Zöllen weniger belegte Nebenstraßen, während die Städte wegen der althergebrachten und jetzt mit Gefahr bedrohten Nahrung eifersüchtig auf den geordneten Straßenzwang hielten, die sächsischen Fürsten aber bald hier bald da die alten Zölle erhöhten und neue ausrichteten, um sich auch von den neu entstandenen Beiwegen die Einnahmen zu sichern. Die Tagfahrten zu Wurzen im Jahre 1506, zu Naumburg im Jahre 1509, (Handlung zu Frauenstadt 2c. Bl. 9. 48. 71. U. a. O.) zahlreiche Botschaften zwischen den Fürsten wie den Städten hatten keinen andern Erfolg, als daß die alte Straßenordnung, deren althergebrachter Zug immer von Neuem wieder durch Bekenntnisse der Städte bewiesen wurde, auch immer neue Bestätigung fand, während in Wirklichkeit die Fuhrleute hierhin und dorthin aus dem alten Geleise herausbrachen und trotz alles Zurücktreibens und aller Verkümmerung immer wieder an Zeit und Geld durch das Auffinden von Beiwegen zu gewinnen suchten. Einen besondern Streitpunkt bildete der Ausdruck, daß, „ alle, die den Queiß rühren,“ verpflichtet sein sollten, diese Straßenordnung zu halten; daraus schloß man, daß, wer den Queiß nicht rühre, auch frei sei von dieser Ordnung und umfuhr den Fluß auf Umwegen oder leugnete die Gültigkeit der Ordnung für alle, welche diesseits des Queiß die Waaren geladen hatten. Dazu kamen mancherlei Kriege und Fehden, insbesondere in Schlesien, so daß für die großen Handelsstädte, die an den Endpunkten dieses Straßenzuges lagen, die Beschwerden und Klagen kaum aufhörten. Im Jahre 1510 klagte Breslau bei dem Kaiser, daß ihre Bürger Kaufmannsgüter aus Brabant und Nürnberg jüngst durch das Mittelland in die Mark zu Meißen geführt, Geleite und Zölle nach Recht und Gewohnheit bezahlt hätten und dennoch zu Oschatz und Hayn mit 12 beladenen Wagen drei Wochen lang aufgehalten seien; als sie endlich gegen 3000 fl. Bürgschaft freigelassen worden, seien sie in Schlesien bei Bunzlau niedergeworfen und beraubt und ihnen außerdem bei Bunzlau an die 600 Ochsen ohne alle Schuld genommen worden. Die sächsischen Beamten behaupteten aber, daß die Breslauer wegen einer Neuerung der Straßen festgehalten seien, und in Schlesien hatte die Stadt Fehde mit dem Herzog von Liegnitz. (Etliche alte Urkunden 2c. Bl. 26 flg.) Die Stadt Görlitz hatte dem Herzog Georg geschrieben, daß die von Breslau sie durch einen besonderen Boten ersucht hätten, eine schriftliche Erklärung des Rathes über jene Fehde, wie über diese Landstraße in Görlitz anschlagen zu dürfen, was aber verweigert worden sei, weil die Schrift die Ordnung der Landstraße abbrüchlich deutete und von fremden Kaufleuten in den Herbergen zu Görlitz versichert wurde, daß jetzund viele Wagen mit breslauischen Gütern durch die Mark gingen. Die Schrift behauptete, daß allezeit und auch heute dem Kaufmann frei gewesen sei, mit seinem Leib und Gütern von Hayn durch Böhmen, die Mark Brandenburg und Lausitz zu reisen, wie es ihm gefalle und wo er sicher durchzukommen sich getraue und daß also die bisherige Auslegung der alten Straßenordnung ganz und gar falsch sei. Solche Erklärung sollte auch noch in Dresden, Hayn und Leipzig angeschlagen werden, wurde aber vom Herzog Georg für eine ungesetzliche Neuerung erklärt und mit den gemeldeten Maßregeln bestraft. Der Herzog wandte sich in dieser Sache im Jahre 1510 an den König Ladislaus, da die Breslauer auf seine Vorstellung keine Antwort gaben, wohl aber im Gebrauch der ungewöhnlichen Straßen fortfuhren, worauf Ladislaus entschied, daß die Breslauer keine Veränderung der Straßen vornehmen sollten noch dürften. Darauf entschuldigte sich die Stadt Breslau, daß dem Fuhrmann über 100 Jahre frei gewesen sei, die offenen Straßen in umliegende Lande zu gebrauchen, so fern er seine Güter ohne neue Beschwerung und friedlich habe durchführen mögen, davon er sich auch nicht weisen lasse; daß sie aber an der alten Straße zwischen Bunzlau und Hayn ( über Elbe ) eine Neuerung vorgenommen hätten, könne nicht an ihnen befunden werden u.s.w. Der Herzog Georg, zu dem die Sechsstädte wie der Herzog von Liegnitz hielten, beauftragte seine Räthe zu Brux, da die von Breslau auch wohl des Königs Ladislaus Brief verachten würden, die Sache vor die Regenten und Ritterschaft zu bringen und durch diese die von Breslau ernstlich auf andere Wege mahnen zu lassen. Darauf befahl König Ladislaus am 15. Mai der Stadt Breslau, daß sie die Straßen durch die Sechsstädte in Oberlausitz und durch Schlesien nach dem Spruch des Herzogs Georg gebrauchen sollten; daß sie aber, wie er glaublich berichtet sei, auf jüngst gehaltenem Landtag mit ihrem Anhang beschlossen hätten, dieselbe Straße auf Frankfurt a. O. oder Berlin zu führen, und also sein Gebot verachteten, befremde ihn nicht wenig. Herzog Georg erließ am 1. November 1510 einen öffentlichen Befehl, daß jeder die neuen Straßen, welche die Breslauer sich unterfangen hätten zu suchen, ganz und gar meidensollte, oder er gehe seines Schutzes verlustig.
Im Jahre 1512 kamen die meisten diesen Straßenzug betreffenden Irrungen auf dem Tage zu Frauenstadt, (Handlung zu Frauenstadt 2c. Bl. 82 flg.) wohin der König Sigismund von Polen, die Herzöge von Pommern und Herzog Georg ihre Abgeordneten geschickt hatten, zur Sprache. Die sächsischen Städte wie auch die Sechsstädte hatten auf des Herzogs Georg Begehren wieder Bekenntnisse über den von Alters gebräuchlichen und geordneten Straßenzug ausgestellt. Der Rath von Chemnitz bekannte, am 15. Aug. 1512, daß die Aeltesten von seinen Bürgern, welche die Straße nach Polen und Schlesien von Breslau und Glogau seien nie anders als auf Görlitz, Budissin, Dresden, Freiberg, Chemnitz, Zwickau und also fürder gegen Nürnberg gegangen. In Mittweida war niemand unter den seßhaften Bürgern, der jemals diese Straße gebraucht hatte. Freiberg bekannte auf Dresden, Bischofswerda, Budissin, Görlitz, Lauban, Naumburg, Bunzlau, Hayn, Liegnitz, Neumarkt, Breslau ( Niederlage ) und zurück, Hain aber auf Oschatz, Hayn, Kamenz, Budissin, Görlitz. Der Rath von Meißen bekannte am 14. August, daß von hier auf den Hayn, Thumitz, Budissin, Görlitz bis Breslau oder auf der nürnbergschen Straße von hier auf Dresden, Bischofswerda, Thumitz, Budissin, Berlin gefahren sei; Der Rath von Döbeln, daß etliche von Döbeln vor langer Zeit von Nürnberg Kaufmannsgut auf Geding oft mit 20 – 30 Wagen geführt und die Straßen gen Hof gezogen, von hier auf Zwickau, Chemnitz, Freiberg, Dresden, Görlitz bis gegen Breslau, und dort niedergelegt hätten und ebenso wieder zurück, auf Leipzig und Naumburg aber hätte man beim Hayn abschlagen; dieselbe Straße aus Polen sei auch mit der Viehtreibung seit Menschengedenken eingehalten worden.
Die verschiedenen Abgeordneten stellten in Frauenstadt, unter dem Vorbehalt der Genehmigung ihrer Herrschaften, folgende Artikel fest: Alle und jegliche Kaufmannsgüter, die aus Polen gegen Posen kommen und weiter nach Leipzig und in andere Städte deutscher Nation geführt werden, sollen von Posen auf Crossen, Frauenstadt, Großglogau und fürder durch das Fürstenthum von Sagan auf Görlitz und weiter die gerechte Straße nach Leipzig wandern, welche Wägen aber nach Böhmen geladen sind, mögen bei Görlitz abschlagen. Würde jemand mit Kaufmannsgütern nach dem Voigtlande oder Nürnberg handeln, der soll von Görlitz auf Dresden und fürder die gerechte Straße seine Güter führen; wenn die Kaufleute von Krakau nach deutschen Landen und Städten und wieder zurück einige gerechtere Wege und Straßen suchen wollen und fahren, soll es ihnen durch solche Artikel unverboten sein. Die aus den deutschen Städten nach Posen ihre Handlung üben, sollen die vorangezeigten Stellen und Städte durchgehen, damit die Niederlage durch den Markgrafen Joachim von Brandenburg zu Frankfurt und Breslau vorgenommen, gedämpft und abgethan werde und der Kaufmann im Auf= und Abziehn derselben Herrschaft und Gebiete mit seinen Gütern nicht berühre. – Welcherlei Kaufmanngüter aber gen Danzig kommen und nach Leipzig oder andern Städten deutscher Nation geführt werden, die sollen von Danzig durch das Fürstenthum Stettin und Pommern auf Lauenburg, Stolpe, Schlawe, Zanow, Greifenberg, Golnaw, dann Stettin und Gartz und fürder den gerichteten Weg, so man durch die Mark haben mag, nach Leipzig geführt werden; deßgleichen sollten die von Leipzig und andern deutschen Städten, wenn sie ihre Güter durch das Fürstenthum von Stettin und Pommern wenden wollen, ebenso durch die Mark und das gemeldete Herzogthum, ohne Frankfurt zu rühren, fahren, unschädlich dem freien Strom, der einem jeden durch diese Straße soll ungehindert sein. Will jemand von Danzig durch Polen nach Leipzig oder in andere Städte deutscher Nation fahren und wieder zurück nach Danzig oder Preußen, so soll man die polnische Straße, wie berührt ist, gebrauchen und daran ungehindert sein. Alle Kaufmannsgüter, die von Danzig gegen Frankfurt a. M. geladen werden, sollen die gerechte Straße auf Stettin durch die Mark, nicht über Frankfurt a. O., gegen Leipzig und fortan gegen Frankfurt a. M. geführt werden; weil aber jetzt diese Straße durch die Mark geschlossen ist, soll dem Kaufmann vorbehalten bleiben, nach dem Seestrande durch das Herzogthum Pommern, wo er am nächsten und gefüglichsten kann und mag, mit seinen Gütern zu wandern und zu fahren, nach Wiedereröffnung der Straßen aber soll der Kaufmann auf Stettin und fortan wie oben angezeigt auf Leipzig und Frankfurt a. M. fahren. Würde aber der Markgraf von Brandenburg, die von Frankfurt und Breslau sammt diesem Anhang in dieser Ordnung der vorgedachten Straße eine Hinderung oder Bekummerniß gewaltiglich vornehmen, alsdann wollen und sollen Sigismund, König von Polen, Georg Herzog zu Sachsen, Bugislaus Herzog zu Stettin und Pommern gegen solche Gewalt wieder Gewalt gebrauchen und einer den andern mit Hülfe, Rath und Beistand nicht verlassen. Dagegen versprach der Herzog von Polen, die Zollbeschwerungen zu Frauenstadt und Crossen, die Stadt Glogau, den Zoll daselbst abzuthun; auch die Zölle zum Sagan und in den Sechsstädten sollten gemindert werden, da der Kaufmann höchlich klage, daß die Zölle und Unkosten auf dieser Straße für einen beladenen Wagen sich über 13 fl. belaufen. Dabei wurde für gut angesehen, diesen gesammten Handel auch den Regenten von Böhmen und andern benachbarten Fürsten, die denen von Breslau nicht anhängig seien, mitzutheilen und der kön. Maj. von Ungarn durch gemeinsame Botschaft zu berichten, welche unleidliche Beschwerniß den Unterthanen von Polen, Sachsen und Schlesien aus den vorgenommenen Niederlagen zu Breslau und Frankfurt erwachsen würden, damit kön. Maj. selbst solches wandeln und abthun und nicht die hier vertragenden Fürsten ihren Unterthanen und gemeinen Kaufmann zu Gedeihen und Frommen einträchtiglich nach aller Nothdurft weiter zu handeln gedacht sein müssten. – Alle diese Verhandlungen und Botschaften konnten aber dem Streite kein Ziel setzen, sondern schleppten denselben von Jahr zu Jahr noch durch Jahrhunderte hin, wie ich bei anderer Gelegenheit hoffe darstellen zu können.