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Verkehrswege unserer Heimat in alter und neuer Zeit  (Auszug)

von Walter Cichorius

In:  "Der deutsche Städtebau - Riesa", Berlin, 1924, S. 32ff

 

      Riesa blieb also lange Zeit ein recht bescheidener Ort. Und doch führten durch unsere heimatlichen Gefilde – nicht allzu weit von Riesa selbst – uralte länderverbindende Straßen, die ihren Weg über die Elbe nahmen. Die Furten, diese seichten Stellen im Elbstrom, bildeten die ersten Übergangswege. Die ältesten Furten unserer Heimat, die sehr stark benützt wurden, lagen bei Strehla und bei Boritz-Merschwitz. Daher führten auch die ältesten Wege, die in unserer Heimat den Strom überquerten, über die genannten Orte. Als der Verkehr auf den Straßen immer lebhafter wurde, vermittelten Fähren den Übergang. Die Chronik berichtet, dass schon zur Zeit der polnischen Invasion König Boleslav und Kaiser Heinrich IV. (1002-1024) bei Strele (Strege) über die Elbe gingen. Und eine uralte Urkunde verzeichnet, dass bereits 983 ein Durchgangszoll für einen Elbübergang unterhalb Meißens, mit dem der bei Boritz-Merschwitz gemeint ist, zu entrichten war.

      Über diese Furten führten uralte Straßen, die das älteste Frachtgut, das vielbegehrte Salz, aus der alten Salzstadt Halle nach allen Ländern, die damals keines hatten, brachten, so vor allem durch Sachsen hindurch nach Böhmen, Schlesien und Polen. Aus diesen Straßen entwickelten sich bald Handels- und später auch Heeresstraßen, die große Bedeutung erlangten. Eine der hervorragendsten war die „Hohe Straße“, die ihren Weg auch durch unsere Heimat nahm. Von Thüringen ging sie über Leipzig, Grimma, Oschatz, Boritz, Merschwitz, Großenhain, Radeberg, Königsbrück, Bautzen, Görlitz, Breslau nach Polen hinein. In unserer Gegend führte sie über Oschatz, Lonnewitz, Seerhausen, Böhlen, Gostewitz, Heyda, Boritz, Merschwitz, Skassa nach Großenhain. Diese „Hohe Straße“ war jahrhundertelang die Lebensader des sächsischen Tieflandes, die nicht nur manche Stadt zum Leben erweckte, sondern auch zu hoher Blüte brachte, so Großenhain besonders um das Jahr 1500. Namentlich um diese Zeit herrschte auf der „Hohen Straße“ ein lebendiger Verkehr. Zahlreiche Frachtzüge brachten ihre Güter von einem Land zum andern. Um den Zoll zu umgehen, der z. B. beim Elbübergang Boritz-Merschwitz erhoben wurde, bildeten sich Nebenstraßen. Als eine solche haben wir die Straße anzusehen, die von Oschatz über Strehla nach Großenhain führte. Von ihr bezw. von ihrem Übergang bei Strehla-Lorenzkirch berichtet der Lorenzkirchner Pfarrer Sappuhn, der zu Augusts des Starken Zeiten lebte: „Es gehet auch ein starcke passsage durchs Dorf nach der Laußnitz, Schleßien, Pohlen, Siebenbürgen, Moldau und Wallachey, wie denn über die dasige Fähre offt an einer Leipziger Messe vierzig bis fünfzig Armenier und Griechen passieren, welche daselbst Waaren einkaufen.“ Dass die alten Straßenzüge zum guten Teil auch der aufkommenden Post die Wege wiesen, ist nicht verwunderlich. So nahm die „Gelbe Kutsche“ ihren Weg von Leipzig aus über Wurzen, Luppa (Wermsdorf), Calbitz, Oschatz, Lonnewitz, Stauchitz (Seerhausen); führte dann aber weiter zwischen Mehltheuer und Roitzsch nach Klappendorf, Meißen und Dresden. Eine weite Poststraße verlief von Großenhain über Wildenhain, Glaubitz, Strehla, Oschatz nach Leipzig. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts befanden sich Hauptpostämter in Wurzen, Oschatz, Klappendorf und Meißen. Da Riesa zu dieser Zeit noch keine Poststation war, brachte man eilige Postsachen nach Klappendorf, während gewöhnliche Briefe und Pakete nach Strehla und von da nach Oschatz weitergeleitet wurden. Damals las man auf den Anschriften: Riesa bei Strehla. Gingen so hervorragende Adern des Verkehrs durch die angrenzenden Fluren unserer Heimat, so vermochten sie doch keinerlei Bedeutung für Riesa selbst zu gewinnen, denn es waren nur Durchgangsstraßen, die die Stadt selbst nicht berührten und so auf ihre Entwicklung so gut wie keinen Einfluss ausübten.